Fächerverbindender Unterricht und Teamteaching auf Exkursionen

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Die Welt ist nicht in Fächer aufgeteilt, sobald ein/e Lehrer*in mit ihrer Klasse die Schule verlässt wird er/sie damit konfrontiert. Im artifiziellen Raum Schule lassen sich Fächer zwar mehr oder weniger gut trennen, in der Welt draußen aber nicht. Gerade in der Feldarbeit müssen Schüler*innen oftmals verschiedene Kompetenzen aus verschiedenen Fächern einsetzen.
Im Folgenden möchte ich meine Gedanken zu fächerverbindenden Potentialen von Exkursionen darlegen. Diese Gedanken folgen damit dem Ansatz Hards (1982:268), der für sich eine allround-Aufmerksamkeit der (physischen) Geographie einsetzte und gegen eine Selbsteinschränkung der Geographie durch Grenzen zu anderen Disziplinen.
An dieser Stelle soll allerdings nicht die Sinnhaftigkeit von fächerverbindendem Unterricht herausgearbeitet werden, auch Begriffsdefinitionen oder Abgrenzungen, z.B. zum fächerübergreifenden Unterricht werden nicht gemacht. Dafür gibt es Literatur en masse, auch wenn das Thema in den letzten Jahren ein wenig aus der Mode gekommen ist. Auch die spezielle Eignung der „janusköpfigen Ausrichtung “ der Geographie (Kersting 2005: 2) oder die Bezeichnung als „Zentrierungsfach“ lassen sich besser an anderer Stelle nachlesen (vgl. Klingsiek 2002:3; Köck 1993).

Potentiale der Zusammenarbeit

Wie oben schon angerissen, ist die Welt nicht in Fächer aufgeteilt, vielmehr nehmen Inhalte draußen und auch die meisten Methoden die in der Geographie eingesetzt werden, keine Rücksicht auf einzelne Fächer, was sich auch in den Artikeln dieser Seite widerspiegelt.
Zunächst müssen zwei Dinge festgestellt werden: Geographielehrer*innen sind breit aufgestellt. Das Studium und auch die Lehrpläne sind voller wirtschaftsgeographischer Anteile und Theorien, auch Chemie oder Biologie sind Teil der Studienordnungen und Lehrpläne. Des Weiteren hat jede Lehrkraft mindestens ein zweites Fach. Hier können die eigenen Kompetenzen natürlich auch eingebracht werden.
Aber jede/r erreicht irgendwann seine Grenzen und es ist auch nicht immer sinnvoll, sich alles anzulesen. In fast allen Fällen sind zwei Lehrer*innen mit der Klasse oder dem Kurs unterwegs. Brauche ich fachliche oder methodische Unterstützung während der Exkursion, kann ich folglich einen Kolleg*in danach fragen, mich zu unterstützen. Wähle ich einen Kolleg*in gezielt aus, bieten sich vielfältige Potentiale.

Fachliche Potentiale

Es gibt zahlreiche Beispiele für Kompetenzen, die ich mir ins Team holen kann. Beispielsweise kann ich den Bio-Lehrer auf eine Vegetationskartierung mitnehmen oder eine Chemiekollegin mit zu den CO₂ Mofetten in der Eifel.
Eine Flussuntersuchung verbindet die Erhebung geographischer, chemischer und biologischer Parameter miteinander, Exkursionen zur Stadtentwicklung (z.B. hier) greifen immer auch auf historische Prozesse zurück und jede Exkursion, die sich in irgendeiner Weise mit Klima beschäftigt nimmt Wissen der Physik zur Erklärung von Phänomenen auf. Im Rahmen einer Kartierung, beispielsweise mit GIS, lassen sich evtl. Informatiker*innen mit ihren Kompetenzen einbinden.[1]
Die Beispiele zeigen auf ganz einfache Weise, wie eigentlich bei jeder Exkursion irgendwelche Bezüge zu anderen Schulfächern herzustellen sind. Die Liste lässt sich beliebig erweitern.

Methodische Potentiale

Es geht aber nicht nur um das Knowhow. Besonders hilfreich ist das methodische Wissen von Kolleg*innen und auch der Zugang zu Material.
Beispielsweise kann der Kollege aus der Chemie bei der Beprobung von Böden (z.B. ph-Wert, Kalkgehalt) methodisch bereichernd sein oder die Biokollegin bei der Errechnung des Saprobien-Index, hier kann auch die Mathe-Kollegin hilfreich sein.

Wie mache ich es an der Schule nicht? Salzsäureeinsatz auf einer Uni-Exkursion, Foto: A. Hoogen

Ganz besonders relevant ist auch die Kompetenz im Bereich der Sicherheit. Hier sind gerade Chemiekolleg*innen herausragend fortgebildet und Geographielehrer*innen meist nicht. Sollten beispielsweise Chemikalien wie Salzsäure bei Boden- oder Gesteinsuntersuchungen eingesetzt werden, ist eine Kenntnis der schulischen Sicherheitsstandards zwingend notwendig.
Das gleiche gilt, wenn ich mich im Rahmen einer Exkursion z.B. mit Kanus auf einem Fluss bewege. Hier können Sportlehrer*innen praktisch (Anleitung) und – hoffentlich nur – theoretisch (Rettungsschein) eine große Hilfe sein (zum Kanufahren vgl. hier).
Darüber hinaus habe ich als Geographielehrer*in an meiner Schule evtl. keinen Zugang zu ph-Messgeräten, Pflanzenbestimmungsbüchern oder anderer Ausrüstung. Hier sind die Biologie- und Chemiesammlungen meist viel besser aufgestellt. Auch Equipment wie Schutzbrillen für chemische Bestimmungeverfahren gibt es eher in den Sammlungen anderer Fächer. Ist eine solche Zusammenarbeit an einer Schule erstmal etabliert, können teure fächerübergreifende Gerätschaften wie Klemmbretter oder Munsell-Tafeln auch gemeinsam beschafft werden. Eine Übersicht meiner Empfehlungen zu Materialanschaffungen finden sie hier.

Zusammenarbeit als Chance

Wie sich aus den kurzen Ausführungen folgern lässt, ist eine Zusammenarbeit in vielen Fällen nicht nur ein zusätzlicher Nutzen, sondern im Gegenteil, oft eine Notwendigkeit, wenn ich mich mit einer Klasse oder einem Kurs hinausbegebe. Nun ist aber die Zusammenarbeit bzw. die Koordination verschiedener Lehrer*innen eines der großen Probleme fächerverbindenden Unterrichts. Der passende Lehrer*in muss in der gleichen Klasse das richtige Fach unterrichten, die Stunden müssen passen, es darf nicht bei einem viel ausfallen usw. Bei Exkursionen muss neben der Betreuung unterwegs v.a. die Organisation von verschiedenen Kolleg*innen gemeinsam gemacht werden, was in der Regel zu Koordinationsschwierigkeiten und in zusammengewürfelten Klassenteams auch zu Problemen führen kann, die sich aus pädagogischen Differenzen ergeben. Ich bin nicht auf dem aktuellen Stand, aber fächerübergreifender Unterricht führte, obwohl es eine ganze Weile ein Modethema der Wissenschaft war, aus diesen Gründen eigentlich durchgehend ein Nischendasein.
Ein großer Vorteil bei Exkursionen ist nun aber, dass Lehrer*innen hier oft die Freiheit haben, mit einer/m selbstgewählten Kolleg*in zusammenzuarbeiten, was meiner Erfahrung nach zu einer Aufhebung der Probleme führt.[2]
Wenn eine solche Kooperation auf Gegenseitigkeit beruht, so dass mal der eine und mal die andere Kolleg*in „Amtshilfe“ leistet, kann die fächerübergreifenden Arbeit von einem Problem zu einer fachlichen und sozialen Bereicherung werden. Für eine solche Zusammenarbeit können Sie auch Refendar*innen als Expert*innen ihres Faches fragen, an meiner Schule hat da noch nie jemand aufgrund von Desinteresse abgesagt.

Zusammenfassung

Grundsätzlich lässt sich also in meinen Augen festhalten, dass Exkursionen, genau wie Projekte in AGs oder Projektwochen, deutlich besser für das fächerverbindende Lernen geeignet sind als „normaler“ Unterricht. Lassen Sie sich nicht abschrecken von Dingen, die sie evtl. überfordern, in einem Kollegium voller Expert*innen finden sich immer engagierte Menschen, die ihnen gerne helfen, so jedenfalls meine Erfahrung. Dies kann nicht nur fachliche Probleme lösen, sondern es bereichert die eigene Professionalität und vertieft die Zusammenarbeit mit Kollg*innen. Einfach mal ausprobieren.


[1] Als ich mich das erste Mal damit beschäftigt habe, habe ich auch einen Kollegen gefragt (vgl. Jörges & Hoogen 2020).
[2] Das funktioniert natürlich nur, wenn die Ergebnisse nur in einem Fach nachbereitet werden sollen. Andernfalls bleiben die angesprochenen Schwierigkeiten natürlich erhalten.

Literatur

  • Hard, G. (1982): Physische Geographie. In: Jander, L.; Schramke, W.; Wenzel, H.-J. (Hrsg.): Metzler Handbuch für den Geographieunterricht. Ein Leitfaden für Praxis und Ausbildung. Stuttgart. S. 264-272
  • Jörges, C.; Hoogen, A. (2020): Durch GIS die Welt verstehen – Unterrichtspraktische Beispiele für den Einsatz von QGIS im Geographieunterricht, in: geographie heute, Heft 350, S. 30-34
  • Kersting, R. (2003): Fächerübergreifendes Arbeiten im Geographieunterricht. In: Geographie heute, Band 24, Heft Nr. 207, S. 2-6
  • Klingsiek, G. (2002): Warum ich gerne Erdkunde unterrichte, In: Geographie heute, Band 23, Heft 200, S. 2-3
  • Köck, H. (1993): Geographieunterricht – Schlüsselfach. In: Geographie und Schule, Band 84, Heft 8, S. 2-4